Nachfolge in der Gastronomie: Worauf man bei der Übergabe auf die nächste Generation achten sollte

Jahr für Jahr stehen in Deutschland rund 70.000 Unternehmen vor der entscheidenden Frage der Nachfolge. Zwar fehlen exakte Zahlen bezogen auf die Gastronomie und Hotellerie, doch angesichts der Vielzahl gastgewerblicher Betriebe liegt nahe: Auch hier ist die Zahl der übergabereifen Unternehmen hoch. Grund genug, sich diesem wichtigen Thema zu widmen.

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Erfahrungswerte zur Übergabepraxis zeigen, dass etwa 50 Prozent der Unternehmen an einen externen Nachfolger verkauft oder stillgelegt werden, 50 Prozent verbleiben in der Familie und gehen an die nächste Generation über.

Die Vorkehrungen für die Unternehmensnachfolge benötigen einen langen Vorlauf. In der Gastronomie sollte die Planung der Unternehmensnachfolge idealerweise 3 bis 5 Jahre im Voraus beginnen. Neben emotionalen Aspekten sind eine durchdachte Planung, klare Strukturen und eine frühzeitige Kommunikation essenziell, um den Betrieb erfolgreich weiterzuführen.

DIE SUCHE NACH DEM PERFEKTEN NACHFOLGER

Die Wahl des richtigen Nachfolgers ist entscheidend. Soll es ein Familienmitglied sein, das den Betrieb weiterführt, oder doch jemand Externes mit frischem Blick? Wichtig ist, nicht nur auf Sympathie zu setzen, sondern vor allem auf fachliche Qualifikation und unternehmerisches Geschick. Der Nachfolger muss nicht nur die operative Führung übernehmen, sondern auch betriebswirtschaftliche Kenntnisse mitbringen, um das Unternehmen erfolgreich weiterzuführen.

Eine frühzeitige Einarbeitung ist essenziell. In der Praxis bewährt hat sich ein mehrstufiger Prozess: Zunächst sollte der Nachfolger alle Bereiche des Betriebs kennenlernen – vom Einkauf über die Buchhaltung bis hin zur Gästezufriedenheit. Anschließend kann er schrittweise mehr Verantwortung übernehmen, bevor die endgültige Übergabe erfolgt.

Ein Trio aus Steuerberater, Jurist und Unternehmensberater kann dabei helfen, die Weichen richtig zu stellen. Diese Experten sorgen dafür, dass die Übergabe finanziell und rechtlich optimal gestaltet wird.

UNTERNEHMENSBEWERTUNG, ABHÄNGIGKEITEN UND VERTRÄGE

Eine realistische Einschätzung des Unternehmenswerts bildet die Grundlage für alle weiteren Schritte. Hierbei sollten sowohl materielle Werte wie Immobilien und Ausstattung als auch immaterielle Werte wie Markenimage und Stammkundschaft berücksichtigt werden. Eine transparente Finanzbuchhaltung erleichtert potenziellen Nachfolgern die Entscheidung und schafft Vertrauen. Zudem sollten mögliche Finanzierungsmodelle geprüft werden, um dem Nachfolger einen finanziell tragfähigen Start zu ermöglichen.

Gastronomiebetriebe sind oft stark von Lieferanten, Vermietern oder Kreditgebern abhängig. Es ist wichtig, bestehende Verträge zu prüfen und sicherzustellen, dass diese auch mit der nächsten Generation fortgeführt werden können. Eine gute Beziehungspflege mit Geschäftspartnern sichert Stabilität in der Übergangsphase.

ÜBERGABEMODELLE: VON EINMALZAHLUNG BIS RENTE

Es gibt verschiedene Wege, den Betrieb zu übergeben – abhängig von den individuellen Vorstellungen des Übergebers und den finanziellen Möglichkeiten des Nachfolgers:

  • Vorweggenommene Erbfolge: Hierbei wird der Betrieb an einen Erben übergeben, inklusive aller Vermögenswerte und Verbindlichkeiten. Diese Variante kann steuerliche Vorteile bieten, insbesondere wenn Freibeträge geschickt genutzt werden.
  • Verkauf gegen Einmalzahlung: Der Übergeber profitiert von sofortiger Liquidität und einem schnellen, klaren Abschluss des Übergabeprozesses.. Für den Nachfolger bietet die Einmalzahlung Planungssicherheit und den direkten Eigentumserwerb, erfordert jedoch eine hohe Anfangsinvestition, die die Liquidität stark belasten kann und unter Umständen eine Fremdfinanzierung notwendig macht.
  • Verkauf gegen Rentenzahlungen: Hier wird der Kaufpreis in regelmäßigen Raten oder als Leibrente gezahlt. Dies bietet dem Übergeber eine kontinuierliche Einkommensquelle, kann aber für den Nachfolger eine problematische langfristige finanzielle Belastung darstellen. Um die Liquidität des Betriebs zu sichern, sollte dieses Modell sorgfältig kalkuliert werden.
  • Management-Buy-Out (MBO): Eine Alternative ist der Verkauf an langjährige Mitarbeiter oder ein bestehendes Managementteam. Diese kennen den Betrieb bereits und können ihn nahtlos weiterführen.

Jede Option hat ihre Vor- und Nachteile und sollte individuell geprüft werden. Dabei spielt auch die steuerliche Gestaltung eine wesentliche Rolle, um unnötige Kosten zu vermeiden.

DEN WISSENSTRANSFER SORGFÄLTIG PLANEN

Gerade in der Gastronomie und Hotellerie ist der persönliche Stil des Inhabers oft eng mit dem Erfolg verbunden. Deshalb sollte der Wissenstransfer früh beginnen – idealerweise mehrere Jahre vor der Übergabe – um Zeit für eine schrittweise Einarbeitung und Begleitung zu schaffen.

Wichtig ist im ersten Schritt, zu erkennen, was den Betrieb ausmacht: Stammkundschaft und Gästebindung, Abläufe im Service, in der Küche oder im Housekeeping, Lieferantenkontakte und Wareneinsatz, Qualitätsstandards, Rezepturen, Hygienekonzepte, Führungsstil, Teamstruktur und Arbeitsklima.

Für den Wissenstransfer bieten sich dann verschiedene Methoden an. Beim sogenannten Job Shadowing mit Tandemphasen werden Entscheidungen gemeinsam getroffen und reflektiert. Im Rahmen der Wissensdokumentation werden Prozesse, Kontakte, Verträge und Tools schriftlich oder digital festhalten.  In Workshops und Erfahrungsrunden kann ein offener Austausch zwischen Generationen erfolgen. In Form von Mentoring kann der Übergeber den Nachfolger gezielt als Sparringspartner begleiten. Regelmäßige, offene Gespräche schaffen so Vertrauen und geben Raum zum Ansprechen von Unsicherheiten – eine wertvolle Basis für einen erfolgreichen Übergang.

MITARBEITER UND KUNDEN EINBINDEN

Mitarbeiter sind das Herzstück eines jeden gastronomischen Betriebs. Ihre frühzeitige Einbindung in den Nachfolgeprozess fördert Vertrauen und Loyalität. Offene Kommunikation über geplante Veränderungen nimmt Ängste und schafft ein positives Arbeitsklima. Schulungen und Weiterbildungen helfen, das Team auf neue Strukturen oder Arbeitsweisen vorzubereiten.

 

Auch Stammgäste sollten über den Wechsel informiert werden. Ein behutsamer Übergang, bei dem bewährte Konzepte erhalten bleiben, aber neue Ideen behutsam eingeführt werden, kann helfen, Kunden an den Betrieb zu binden und gleichzeitig frischen Wind einzubringen.

GRÜNDUNG DURCH UNTERNEHMENSNACHFOLGE

Die Übernahme eines bestehenden Unternehmens kann eine besonders attraktive Variante für Gründer in der Gastronomie sein, denn bei einer Unternehmensnachfolge wird ein etabliertes und idealerweise gut funktionierendes Unternehmen übernommen und weitergeführt. Das hat gegenüber einer Neugründung eine Reihe von Vorteilen:

  • Ein solides Unternehmen arbeitet bereits mit einem erprobten Geschäftsmodell.
  • Man kann auf gewachsene Strukturen und Prozesse aufsetzen.
  • Zulieferer und Partner können mit übernommen werden.
  • Die Angestellten sind ein eingespieltes Team.
  • Es sind bereits Kunden vorhanden, die dem Unternehmen vertrauen.
  • Für Banken und Bürgschaftsbanken ist eine Gründung aus Übernahme deutlich attraktiver als neu gründende Personen, das bedeutet bessere Konditionen für den Finanzierungsbedarf.


Suchplattformen wie https://nexxt-change.org können genutzt werden, um interessierte Gründer und Nachfolgersuchende zusammen zu bringen.

DIE BEDEUTUNG VON GENERALVOLLMACHTEN

Zu den zentralen Unterlagen im Rahmen der Unternehmensnachfolge zählen neben testamentarischen Regelungen auch immer Vollmachten. Sie berechtigen den Bevollmächtigten dazu, rechtliche Handlungen vorzunehmen – etwa Verträge abzuschließen oder zu kündigen. Wird die Vollmacht umfassend erteilt, spricht man von einer Generalvollmacht.

Eine Generalvollmacht spielt eine entscheidende Rolle bei der Unternehmensnachfolge. Sie ermöglicht es einer Vertrauensperson, weitreichende rechtliche Handlungen zu tätigen, einschließlich Vertragsabschlüssen und Vertretungen vor Behörden, Banken und Gerichten. Im Gegensatz zur Vorsorgevollmacht, die sich auf persönliche und vermögensrechtliche Angelegenheiten beschränkt, deckt die Generalvollmacht alle unternehmerischen Belange ab. ​

Es wird empfohlen, die Generalvollmacht notariell zu beurkunden, um ihre Gültigkeit bei beurkundungspflichtigen Geschäften, wie dem Verkauf von Immobilien, sicherzustellen. Im Falle des plötzlichen Ausfalls oder Todes des Unternehmers kann der Bevollmächtigte das Unternehmen ohne zeitliche Verzögerung weiterführen, was insbesondere während eines laufenden Nachfolgeprozesses von großer Bedeutung ist. Ohne eine solche Vollmacht könnten Verzögerungen bei der Erteilung von Erbscheinen oder Betreuerbestellungen auftreten, die den Geschäftsbetrieb beeinträchtigen. ​

Es ist wichtig, dass die Generalvollmacht ausdrücklich über den Tod hinaus gültig ist, um ihre Wirksamkeit nach dem Ableben des Vollmachtgebers zu gewährleisten. Eine detaillierte und spezifische Ausgestaltung der Vollmacht ist ratsam, um den Handlungsspielraum des Bevollmächtigten klar zu definieren und eine reibungslose Unternehmensfortführung zu ermöglichen. Zusätzlich sollte die Vollmacht im zentralen Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer hinterlegt werden, um im Bedarfsfall schnell darauf zugreifen zu können.

NETZWERKE UND UNTERSTÜTZUNGSANGEBOTE NUTZEN

Es gibt zahlreiche Initiativen und Plattformen, die den Prozess der Unternehmensnachfolge unterstützen. Branchenverbände wie der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA) bieten Beratungsdienste, Seminare und Workshops an, die sich mit den rechtlichen, steuerlichen und emotionalen Aspekten der Nachfolge beschäftigen. Die Nutzung solcher Angebote kann den Übergabeprozess erheblich erleichtern.

Auch regionale Förderprogramme oder Unternehmensbörsen können helfen, geeignete Nachfolger zu finden und die finanzielle Absicherung des Übergebers zu gewährleisten.

FAZIT

Die Übergabe eines gastronomischen Betriebs ist ein komplexer Prozess, der sorgfältige Planung und Expertise erfordert. Durch frühzeitige Planung, transparente Kommunikation und die Nutzung von Unterstützungsangeboten kann der Übergang erfolgreich gestaltet werden. Wer rechtzeitig die Weichen stellt und Expertenrat einholt, sorgt dafür, dass der eigene Betrieb nicht nur in guten Händen bleibt, sondern auch in Zukunft erfolgreich am Markt agieren kann.

Während es wichtig ist, die Traditionen des Betriebs zu bewahren, sollte auch Raum für Innovationen und neue Ideen des Nachfolgers bleiben. Diese Balance zwischen Bewahren und Erneuern kann dem Betrieb frischen Wind verleihen und ihn zukunftsfähig machen. Digitalisierung, veränderte Gästebedürfnisse und neue gastronomische Trends sollten dabei berücksichtigt werden.

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Manfred Troike

Inhaber von LEINENLOS, Blog über Menschen, Ideen und Trends in der Gastronomie. www.leinenlos-blog.de

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