Gedanken zum Jahreswechsel: Was bewegt die Gastronomie 2023?
Die Themen des Jahres 2023 versprechen eine Fortführung der Trends des zu Ende gehenden Jahres: Digitalisierung, Packaging und Delivery, handgefertigte Spirituosen, Kaffee-Inspirationen, vegane Angebote. Aber die Begeisterung für Neues und Innovatives und die Freude an Inspirationen will zu diesem Jahreswechsel in der Gastro-Branche nicht so richtig aufkommen.
Seit dem Jahr 2020 – beginnend mit dem Ausbruch der Corona-Pandemie – kämpft die Gastronomie mit einer Vielzahl von Krisen, denen sich die Branche mit großer Kreativität und starkem Durchhaltevermögen bis heute tapfer entgegengestellt hat. Aber noch immer ist kein Ende des Krisenmodus in Sicht: Zu Beginn des neuen Jahres steht man einer beunruhigenden Kostenspirale gegenüber.
Personalmangel, steigende Preise und Energieknappheit
Steigende Energie- und Lebensmittelpreise setzen die Gastronomie, die sich noch nicht von den dramatischen Auswirkungen der Pandemie erholen konnte, erneut unter Druck. Die Auswirkung steigender Preise zeigt sich dabei in zweifacher Hinsicht. Die schwierige Kostensituation hat unmittelbaren Einfluss auf Deckungsbeitrag und Betriebsergebnis. Da die Preissteigerungen aber nahezu alle Lebensbereiche betreffen, verändert sich auch die persönliche Lebenssituation der Gäste. Die Kunden reagieren deshalb ebenfalls beunruhigt und versuchen an zusätzlichen Ausgaben zu sparen. Das ifo Institut gibt in einer Prognose von Ende September an, dass der private Konsum bis zum Sommer 2023 voraussichtlich stark zurückgeht und sich erst in der zweiten Jahreshälfte erholen wird.
Die Menschen werden an Restaurantbesuchen und beim Urlaub sparen. Für Gastronomiebetriebe bedeutet das: Es ist unvermeidbar, die Speisekarte anzupassen und Preise zu erhöhen. Dabei sollte das Angebot konsequent aufgeräumt werden und aufwendige Prozesse in der Küche und im Service vermieden werden. Auch für den sparsamen Gast kann man Angebote bereithalten, indem ausgehend von einer guten Deckungsbeitragskalkulation wirtschaftlich gearbeitet wird.
Personalmangel und steigende Lohnkosten zwingen dazu, Prozesse zu durchdenken und zu optimieren. Die Produktionsprozesse in der Küche und die Abläufe im Restaurant sind zu analysieren und wo immer es geht durch schlankere Prozesse zu ersetzen, um Kosten zu sparen und Mitarbeiter zu halten.
Energie sparen
Der Energieverbrauch in einer professionellen Küche lässt sich in drei Bereiche aufteilen.
Ein Drittel der Energie wird durch die Kochgeräte verbraucht. Das nächste Drittel wird durch die Kühlsysteme abgerufen. Die übrigen Energiekosten werden durch die Belüftung, Reinigung und Beleuchtung erzeugt.
Im Topf lange simmernde Schmorgerichte oder andere Speisen mit langen Garzeiten sind überaus energieintensiv in der Zubereitung. Kurz Gebratenes oder nur leicht Angedünstetes, vom Fleischstück bis zum Gemüse, benötigt deutlich weniger Strom oder Gas. Daher ist es ratsam zu prüfen, ob auf bestimmte, energieintensive Gerichte (zumindest temporär) verzichtet werden kann.
Energiesparen ist Teamwork: Kostensparen durch effektiveres Garen, Kühlen oder Heizen gelingt nur gemeinsam. Alle Mitarbeitenden müssen für das Thema sensibilisiert werden. Checklisten, die an Herunterdrehen, Ausschalten oder die richtige Nutzung erinnern, tragen dazu bei, dass Energie und damit Geld gespart wird.
Wachstum beim Franchising
Franchising ist in den letzten Jahren bei lokalen Restaurantbetreibern zunehmend beliebter geworden. Infolgedessen haben nicht nur Fast-Food-Ketten, sondern auch Restaurants mit mehreren Standorten aller Art begonnen, sich mit diesem Expansionsmodell zu befassen.
Einer der stärksten Treiber dieser Entwicklung war die Corona-Pandemie. Der Anstieg der Arbeitslosigkeit und verhältnismäßig niedrige Mietpreise für Gewerbeimmobilien veranlassten viele angehende Unternehmer, in Franchising-Konzepte einzusteigen.
Franchise-Unternehmen bieten ein starkes Markenbewusstsein und geben ein Gefühl der Sicherheit, das unabhängige Restaurants kaum erreichen können. Franchisenehmer können die kollektive Kaufkraft ihres Franchise nutzen, um niedrigere Bestandspreise, reduzierte Lieferkosten und Rabatte von Lieferanten auszuhandeln. Experten gehen daher davon aus, dass sich der Franchising-Trend weiter fortsetzen wird.
Multiplex-Konzepte und Kooperationen
Die Entwicklungen in den zurückliegenden drei Krisenjahren haben gezeigt, wie wichtig und hilfreich gegenseitige Unterstützung, gemeinsame Aktionen, Netzwerke und Kooperationen sind. Zusammenhalt macht Stärke aus. So ist es auch nicht verwunderlich, dass vor dem Hintergrund der Veränderungen der Ladenzentren in den Innenstädten auch in Gastronomie und Hotellerie großen Vorhaben bis hin zur Stadtquartierplanung immer größere Bedeutung zukommt. Themen sind dabei Leben, Wohnen, Arbeiten und Bewegen. Bei diesen Konzepten steht die Gastronomie nicht mehr für sich allein, sondern sie spielt vor allem eine verbindende Rolle. Um dem Anspruch gerecht zu werden, für jeden etwas zu bieten, wird auf Vielfalt gesetzt.
Kooperationen im regionalen Verbund und Zusammenarbeit in Multiplexkonzepten sind hier ein wegweisender Ansatz. Nur ein Beispiel aus Hamburg für solche neuen Ansätze ist ein bunter und kreativer Food-Markt mit Event-Bühne und einer zentral positionierten Bar auf 2.000 qm großer Fläche im Untergeschoss des traditionsreichen Einkaufszentrums Hanseviertel, der im Sommer 2023 eröffnet. Hier werden sechs Hamburger Gastronomen nicht nur für kulinarische Erlebnisse sorgen, sondern auch vielseitige Events gestalten und so einen neuen Gastro-Hotspot entwickeln.
Und welche Inspirationen finden sich 2023 auf der Speisekarte?
Kindermenüs: Eltern aus der sogenannten Millenial-Generation erziehen ihre Kinder zu kleinen Feinschmeckern. Diese Eltern leben den Kindern das Essen und dessen Vielfalt vor. Hinzu kommt, dass ihnen eine gesunde und ausgewogene Ernährung am Herzen liegt. Folglich kann eine abwechslungsreiche und vielseitige Kinderkarte mit kreativen veganen und vegetarischen Alternativen oder Produkten aus biologischer Herstellung ein Anziehungspunkt für Familien werden.
Hausgemacht: Der Food-Trend „hausgemacht“ verbindet mehrere Strömungen im aktuellen Gastverhalten. Neben regionalen und hochwertigen Produkten stellt die eigene Verarbeitung Transparenz in Bezug auf die Inhaltsstoffe her und belebt traditionelle Haltbarkeitstechniken wie Fermentierung, Einlegen oder Einkochen. Die Reduktion oder der Verzicht von Konservierungsstoffen bei dieser Herstellungsmethode deckt sich zudem mit dem gewachsenen Bedürfnis der Menschen nach einer gesunden Ernährungsweise.
High-Convenience als Gegentrend zu Hausgemacht ist kein Widerspruch: Zur Entlastung gegen die Auswirkungen von fehlendem Fachpersonal und zur Verschlankung der eigenen Küchenprozesse sind High-Convenience-Produkte eine Möglichkeit, um den Gästen weiterhin gleichbleibende Qualität zu akzeptablen Preisen zu bieten. Unter dem Begriff „High Convenience“ versteht man Produkte, die hochwertig vorproduziert sind und sich trotzdem ohne besonderes Fachwissen einfach, bequem und gelingsicher zubereiten lassen. Mittlerweile gibt es qualitativ hochwertige Produkte auf dem Markt, die nach Bedarf an jeden Betrieb angepasst werden können.
Vegane Angebote: Wer kein passendes Angebot für Vegetarier, Veganer und Flexitarier bietet, verliert unter Umständen eine ganze Gruppe von Gästen. Vegane Angebote finden sich daher künftig in allen Bereichen der Speise- und Getränkekarte, wie zum Beispiel veganes Frühstück mit abwechslungsreichen Bowls, leckeren Smoothies, Porridge und heimischem Obst und Gemüse. Bei den Hauptspeisen verstärkt sich der Trend zum Fleischersatz wie veganes Schnitzel oder vegane Wurstprodukte. Daneben gehören deftige Suppen und Eintöpfe oder Pizza mit pflanzlichem Pizzaschmelz als Käseersatz zum vielseitigen Angebot veganer Produkte.
Digitalisierung bleibt das vorrangige Thema auch in der Gastronomie
Viele Gastronomiebetriebe haben in den letzten zwei Jahren einen großen Digitalisierungsschub erlebt. Restaurants und Bars mussten plötzlich sehr schnell auf Liefer- und To-Go-Angebote umstellen. Speisekarten wurden online abrufbar. Kunden werden auch in Zukunft nicht auf ein solches Angebot verzichten wollen. Es ist darum sehr wichtig, offen für digitale Neuerungen zu bleiben. So können zum Beispiel Lagerbestände automatisch ermittelt werden, indem das Kassensystem an ein digitales Lagerhaltungssystem angebunden wird. Gegen No-Shows sichert man sich ab, indem bei der Onlinereservation die Kreditkarte hinterlegt werden muss. Digitalisierung kann in Zukunft über Erfolg oder Misserfolg in der Gastronomie entscheiden.
Ausblick auf 2023
Viele Strömungen in der Gastronomie haben sich gehalten und entwickeln sich weiter.
Die entscheidende Herausforderung im neuen Jahr wird sein, die richtigen Antworten für den Umgang mit steigenden Preisen, steigenden Lohnkosten, Energieknappheit und schwierigem Konsumklima zu finden. Dabei gilt es, kritische Entwicklungen im Blick zu behalten und rechtzeitig gegenzusteuern. Trotz Unsicherheit und anhaltender Krisen bleibt ein positiver Blick nach vorn wichtig, um die anstehenden Herausforderungen zu meistern.
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