Gastronomische Wege durch die Krise – Ein Interview mit Muchos Más
Muchos Más, “der Spanier” in Bremen.
Carlos Martinez gründete das Muchos Más am 1. Oktober 2016 in Bremen. Von Anfang an war das Restaurant ein Publikumsmagnet, denn das strategische Ziel, Spanien nach Deutschland zu bringen, wird hier zelebriert – und kommt entsprechend gut an. In unserem Interview berichtet Carlos Martinez über die Krise im Frühjahr 2020 und wie man es schaffte, den ersten Lockdown zu überwinden.
Herr Martinez. Sind Sie ein Optimist oder Pessimist?
Carlos Martinez: Optimist. Ja, immer.
Wie kann man mit zwei, drei Sätzen das Restaurant Muchos Más und seine Philosophie beschreiben?
Carlos Martinez: Wir sind ein spanisches Restaurant und wir tun alles, damit sich die Gäste so fühlen, als wären sie bei uns in Spanien. Wir bieten daher in allem, was wir tun, die für Spanier typische Wärme, Leidenschaft und dazu noch viel Herzblut auf.
Einen Lockdown hatte zuvor noch niemand erlebt. Wie waren Ihre Erfahrungen?
Carlos Martinez: Zuerst einmal ahnten wir, dass es kommen würde, weil ein Lockdown in Spanien bereits zuvor eingesetzt hatte. Wir waren also nicht ganz unvorbereitet. Als er dann kam, waren wir sozusagen „ready“ im positiven Sinne und haben sofort die Herausforderungen angenommen.
Was war Ihre erste Strategie?
Carlos Martinez: Wir dachten, dass sich der Verkauf von spanischen Produkten lohnen müsste und hofften, dass dieses Thema in einem Lockdown funktioniert. Wir eröffneten also in unserem Restaurant einen spanischen Supermarkt. Das war ein Volltreffer: Aus Muchos Más hatte sich auf einmal der „Muchos Markt“ entwickelt.
Was funktionierte zudem noch – und warum?
Carlos Martinez: Wir haben außerdem Produkte deutschlandweit verschickt. Ich muss aber jetzt einmal klar sagen, dass letztlich keine unserer Maßnahmen sich derart auszahlte, dass wir uns daran eine goldene Nase verdient haben. Eher konnten wir derart die laufenden Kosten wie auch unsere Minijobber finanzieren – und dazu noch günstiges Marketing durchführen.
Selbst für unsere vielleicht gelungenste Aktion, das bilden einer Community, die mit den gleichen Produkten zur gleichen Zeit live kocht, gesteuert über Facebook und Instagram, machten wir keinen sonderlichen Gewinn. Aber bei dieser Aktion haben am Ende des Lockdowns an einem Tag 130 Personen gleichzeitig mitgemacht. Darauf sind wir schon ein wenig stolz. Daneben hat es uns Spaß gemacht und unserer Community offensichtlich auch.
Was war unerwartet ein Hindernis?
Carlos Martinez: Die Frage stimmt so nicht. Wir haben bezüglich unseres spontan gegründeten Supermarktes mit dem Ordnungsamt ein kleines Hindernis erwartet, jedoch wurde daraus ein großes. Als wir den Supermarkt für spanische Lebensmittel eröffneten, geschah dies auch in der Annahme, dass inmitten des Lockdowns man von Seiten der Behörden hier und da ein Auge zudrücken würde. Dem war ganz und gar nicht so. Das penible Erfüllen der strengen Auflagen hat unsererseits dann sehr viel Zeit und Energie verbraucht. Regionale Wirtschaftsförderung in einer ernsthaften Krise stellt man sich eigentlich anders vor. Aber: Am Ende war natürlich alles in Ordnung, da wir ganz vorbildlich alle Genehmigungen erhalten hatten.
Wie haben sich Ihre Kunden und Gäste verhalten. Waren diese eine Hilfe?
Carlos Martinez: Unsere Gäste standen zu 100 % hinter uns. Hierbei haben wir die Erfahrung gemacht, dass man seinen Gästen eine Geschichte erzählen muss – darüber, wer man ist, was man liebt und wofür man einsteht. Da wir das immer schon getan haben, war eben dies ein riesiger Pluspunkt. Rein funktionale Restaurants haben es in einer solchen Krise weit schwerer.
Haben Sie einen psychologischen Trick, der Ihnen hilft, die eigene Situation positiv zu sehen?
Carlos Martinez: Ja, den habe ich tatsächlich. Und ich wende diesen auch tagtäglich ganz praktisch an. Er geht wie folgt: Man sollte sich weniger um das „Warum“ kümmern, stattdessen steht das „Wie“ im Fokus. Anders gesagt, wenn ich alles ständig hinterfrage, werde ich nicht nur unglücklich, sondern blockiere irgendwann auch jegliche Problemlösung.
Was wäre Ihr Tipp für die gesamte Gastronomie in Deutschland?
Carlos Martinez: Bereits in guten Zeiten flexibel sein. Wer das kann, der wird auch in der größten Krise solche Möglichkeiten finden, die zu positiven Resultaten führen können.
Was sollte man möglicherweise von behördlicher Seite verbessern?
Carlos Martinez: Ein Tipp an diese wäre es, für mehr Transparenz zu sorgen. Auch wenn es im ersten Moment allzu modern klingt: Ein wöchentlicher Livestream etwa über Facebook oder YouTube wäre wirklich praktisch. Dieser wäre dann jeweils an eine Zielgruppe gerichtet und man würde dieser die jeweils neue Gesetzeslage erläutern und die häufigsten Fragen beantworten. Solch einen Livestream gibt es dann für unterschiedliche Bereiche – von Gastronomie über Einzelhandel bis öffentliche Bildungssysteme.
Was ist Ihr Plan für die eigene Zukunft?
Carlos Martinez: Es gilt die ja immer noch anhaltende Krise auszuhalten. Danach werden wir das tun, was eigentlich dieses Jahr hätte geschehen sollen: expandieren. Auch Hamburg, München oder Stuttgart haben ein Muchos Más verdient.
Mehr Infos zu Muchos Más findest Du hier.
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