Der Arbeitsmarkt in der Gastronomie: Ein Blick hinter die Kulissen
Die Gastronomie ist einer der wichtigsten Wirtschaftszweige in Deutschland und die Beschäftigungszahlen steigen. Doch die Branche hat zunehmend Probleme, Personal zu finden. Woran liegt das? Und welche Lösungsansätze gibt es? Ein Blick hinter die Kulissen.
Wohl in den allermeisten Lebensläufen findet sich wenigstens ein kurzer Abstecher in die Gastronomie. Neben dem Studium als finanzielles Zubrot, als Einstieg ins Berufsleben oder eben die gesamte Karriere lang: Millionen von Menschen haben Erfahrungen aus erster Hand, wie es ist, in der Gastronomie zu arbeiten. Als Kellner, Aushilfe oder Köchin – die Bandbreite an Aufgabenbereichen ist groß, aber in Zeiten des Personalmangels in Deutschland wird die Lücke auch bei diesen Jobs immer größer. Wie sieht es aktuell in der Gastro-Branche in Deutschland aus?
BESCHÄFTIGUNGSZAHLEN UND VERTEILUNG
Laut aktuellen Statistiken des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands DEHOGA arbeiteten im Jahr 2023 knapp 2,2 Millionen Menschen im Gastronomiegewerbe in Deutschland. Ziemlich genau die Hälfte davon sind sozialversicherungspflichtige Beschäftigte, die andere Hälfte sind geringfügig Beschäftigte. Rund die Hälfte aller Beschäftigten sind Servicekräfte, den Rest machen jeweils Beschäftigte in der Küche und sonstige Fachkräfte, zum Beispiel im Backoffice oder das Reinigungspersonal, aus. Hinzukommen zudem knapp über 41.000 Auszubildende. Zwar steigen die Beschäftigungszahlen in den letzten Jahren konstant an, haben allerdings noch nicht wieder das Niveau von vor der Coronapandemie erreicht.
AUSWIRKUNGEN DER CORONAPANDEMIE
Gerade die Pandemie und die Maßnahmen zur Eindämmung des Virus haben die Gastro-Branche erschüttert. Die monatelange Schließung der Gastbetriebe hat dazu geführt, dass nach der Pandemie 100.000 Arbeitskräfte in der Branche fehlten und hierzulande seit 2020 rund 48.000 und damit ein Zehntel der Gastronomie-Betriebe insolvent gegangen sind. Nur schwerlich erholt sich die Branche von den Nachwehen der Pandemie. Besonders bei neu gegründeten Gastro-Unternehmen ist die Überlebensrate langfristig vergleichsweise niedrig. Doch auch fest etablierte Betriebe stehen vor großen Herausforderungen wie den gestiegenen Preisen oder dem Kaufkraftverlust.
In Branchen-Umfragen wird allerdings der Personalmangel als größte Herausforderung empfunden. Dabei steht die Gastronomie als Arbeitsmarkt schon lange in der Kritik, insbesondere wegen unregelmäßiger Arbeitszeiten, hoher Arbeitsbelastung und vergleichsweise niedriger Bezahlung. Die Attraktivität der Gastronomie als Arbeitgeber hat besonders in den letzten Jahren nach der Pandemie gelitten, in denen parallel zunehmend Wert auf Work-Life-Balance und flexible Arbeitsbedingungen gelegt wird. Solche Bedingungen machen es für viele schwierig, langfristig in der Branche zu bleiben oder attraktive Karriereperspektiven zu finden – das sieht auch der Branchenverband DEHOGA.
ATTRAKTIVITÄT ALS ARBEITSGEBER STEIGERN
Die Gründe für den Fachkräftemangel sind vielschichtig. Zum einen ist der Mangel an Personal demografisch bedingt: Die alternde Bevölkerung in Deutschland führt zu einem Rückgang junger Menschen im Arbeitsmarkt. Dies stellt die Gastronomie vor besondere Herausforderungen, da sie traditionell auf eine junge Belegschaft angewiesen ist. Um die vorhandenen Arbeitskräfte entsteht also ein größerer Wettbewerb innerhalb der Branche, aber auch in Konkurrenz zu anderen Branchen. Deshalb ist es für Gastro-Betriebe umso wichtiger, die Attraktivität als Arbeitgeber zu steigern. Doch wie kann das funktionieren?
„Ich bekomme mehr Bewerbungen als ich einstellen kann“, sagt der Bäckermeister Till Gurka von „Till und Brot“ gegenüber focus.de. Wie hat die Bäckerei aus Freiburg im Breisgau das geschafft? Mit arbeitsfreundlicheren Öffnungszeiten. Erst um 11 Uhr öffnet Gurka seinen Laden, das Personal dankt es ihm, und seine Kundschaft scheint es nicht zu stören, im Gegenteil: Am Anfang wartet häufig eine Menschenschlange aufs erste Brot, aber auch später am Tag gibt es Bedarf nach frischen Backwaren. Ein Beispiel, das zeigt: Die Gastro-Branche kann und muss sich verändern, aber die Veränderung muss keineswegs negativ sein.
Arbeitsfreundlichere Arbeitszeiten, mehr Ruhetage, reduzierte Speisekarten – Lösungsansätze, um Personal werben und halten zu können, gibt es insbesondere im Bereich New Work. Hier gibt es in einer häufig sehr traditionellen Arbeitswelt am meisten Entwicklungspotenzial. So haben zahlreiche Betriebe – darunter große Hotel- und Restaurantketten– die 4-Tage-Woche für ihre Angestellten getestet und für positiv empfunden. Andere Betriebe setzen auch aus der Not heraus zunehmend auf Fachkräfte aus dem Ausland. In einer DEHOGA-Umfrage zum Fachkräftemangel geben mehr als die Hälfte der befragten Betriebe außerdem an, dass mit einer höheren Bezahlung der Angestellten auf den Mangel an Personal reagieren.
Ein weiterer Kritikpunkt an der Gastronomie als Arbeitgeber ist die hohe Arbeitslast für die Angestellten in der Gastronomie. Genannt wird dabei häufig Stress im Betriebsablauf, auf den viele Arbeitskräfte langfristig verzichten möchten. Digitale Lösungen für nervigen Papierkram oder verlässliche IT-Systeme können Arbeitsabläufe und den Arbeitsalltag allgemein geschmeidiger machen, was letztendlich zu einer höheren Zufriedenheit der Mitarbeitenden führt.
FAZIT: INNOVATIVE IDEEN, DIE IHREN PREIS HABEN
Neue Arbeitszeitmodelle, digitale Organisation, bessere Bezahlung – Maßnahmen wie diese können zu einer gesteigerten Attraktivität als Arbeitgeber führen. Gerade in Zeiten sinkender Umsätze tun sich viele Betriebe jedoch schwer, mit innovativen Lösungen zu experimentieren, andere können es sich schlicht nicht leisten. Wer jedoch die Chance auf einem umkämpften Arbeitsmarkt nutzen möchte, um den eigenen Betrieb attraktiver zu machen für neue und bestehende Beschäftigte, sollte mehr auf deren Wünsche eingehen. Schließlich sind gute, zufriedene und motivierte Mitarbeitende ein wichtiger Faktor für den Erfolg des Unternehmens.
Luca Pot D'Or
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