Die Kunst der Cocktailkreation

Wie Jonas Legelli Geschichten in Drinks verwandelt.

Die Welt der Cocktails ist ein faszinierendes Zusammenspiel von Kreativität, Handwerkskunst und Wissenschaft. Jonas Legelli hat seinen eigenen Weg in dieser Welt gefunden und verbindet in seiner Arbeit als Barkeeper und Getränketechnologe Leidenschaft mit Präzision. Heute begeistert er mit innovativen Drinks, die Geschichten erzählen und sensorische Erlebnisse schaffen. Im Interview sprechen wir mit ihm über den Prozess und die Entwicklung hinter neuen Cocktailkreationen.

Photo by Gastivo

EIN STUDIUM FÜR DEN GESCHMACK

Legelli begann seine Laufbahn mit einem Studium der Rechtswissenschaften – doch schon bald zog ihn die Arbeit in einer Mainzer Cocktailbar (Spiritus) in den Bann der Gastronomie. Um dieser neuen Leidenschaft langfristig nachzugehen, entschied sich Legelli für ein Bachelorstudium in Getränketechnologie an der Hochschule Geisenheim.

Neben der Theorie sammelte er praktische Erfahrungen in Brauereien, Brennereien und Kellereien. „Diese Einblicke haben meinen Ansatz zu Getränken stark geprägt. Jedes dieser Felder hat mir neue Werkzeuge an die Hand gegeben, um Aromen zu verstehen und zu formen,“ erzählt er.

Nach dem Studium kehrte er zunächst in die Produktion zurück, unter anderem als Brennereileiter in einer  Berliner Gin-Brennerei, bevor ihn die Gastronomie wiederfand. Ob als Barchef im le Jardin in Berlin oder als Bartender in der Zürcher Cocktailbar no_idea, in der er aktuell er technische Präzision mit künstlerischem Ausdruck kombiniert. Hier liegt der Fokus nicht nur auf außergewöhnlichen Drinks, sondern auch auf Storytelling – aktuell steht die Getränkekarte unter dem Motto Tarot, wobei jeder Drink eine der 22 Hauptsymbole interpretiert.

DER PROZESS DER COCKTAIL-ERSTELLUNG

Die Entwicklung eines Drinks ist für Legelli ein strukturierter, aber kreativer Prozess. Am Anfang stehen drei zentrale Fragen: Was für einen Cocktail möchte ich kreieren? Welche Zutaten möchte ich verwenden? Welche Geschichte soll erzählt werden?

Manchmal gibt es Vorgaben, etwa durch Wettbewerbsthemen oder eine neue Barkarte, die bestimmte Stile oder Zutaten verlangt. „Oft beginnt die Idee aber auch mit einer Erinnerung oder einer Zutat, die mich fasziniert,“ erklärt Legelli. Mithilfe von Literatur, Aromen-Bibliotheken und technologischem Know-how übersetzt er diese Inspirationen in flüssige Form. Hierbei entscheidet er, welche Techniken die gewünschten Aromen am besten extrahieren und in Balance bringen. Als einfaches Beispiel nennt er hier das Verarbeiten von Früchten. Diese bringen je nach Verarbeitungsmethode verschiedene Eigenschaften mit sich. Durch die Verwendung des Safts oder Herstellung eines Sirups fließt zwar das Fruchtaroma, allerdings auch deren Zucker, Säuren und Farbstoffe in den Drink mit ein. Wenn das Ziel ein klarer Drink ist oder keine zusätzliche Süße in den Cocktail gelangen soll, etwa weil eine andere Zutat bereits Süße beisteuert, kann eine Destillation das gewünschte Ergebnis erzielen.

VOM KONZEPT ZUM PERFEKTEN DRINK

Sobald die Idee ausgereift ist, beginnt der Entwicklungsprozess. Dabei werden die einzelnen Komponenten hergestellt, getestet und feinjustiert, um eine harmonische Struktur und Balance herzustellen. Hierbei sollte man sich die Fragen stellen: Welche Technik führt zum gewünschten Ergebnis? Welche Verhältnisse der Zutaten führen zu einer harmonischen Balance und schaffen es, die Geschichte hinter dem Drink erlebbar zu machen?

Wichtig ist dabei im Kopf zu haben, wie einzelne Arten von Drinks funktionieren und welche Aspekte tragend für deren Struktur sind. Legelli arbeitet dabei nach den Grundprinzipien klassischer Cocktails: Ein Old Fashioned benötigt beispielsweise eine Spirituose, eine Süßequelle und eine Form von Bitter, während ein Sour durch die Kombination von Spirituose, Säure- und Süßequellen definiert wird. All diese Komponenten sind potenzielle Träger von Aromen, die sich mal mehr, mal weniger offensichtlich anbieten.

Möchte man beispielsweise einen Old Fashioned kreieren, der nach Kräutern schmeckt, bietet es sich an, diese Kräuter entweder in der Spirituose oder dem Zucker zu “mazerieren”, also darin einzulegen und anschließend zu entscheiden, welcher Weg eher zum gewünschten Ergebnis führt. Hat man erstmal eine Richtung für sich entdeckt, kann danach weiter in die Tiefe gegangen und an der Balance der Aromen, Geschmäcker und Texturen gearbeitet werden. „Die Balance ist entscheidend, ebenso wie die Dokumentation des Prozesses. So kann man gezielt Anpassungen vornehmen und nachverfolgen. 

Manchmal muss man sich auch von einer Idee verabschieden, die nicht funktioniert, auch wenn es manchmal wehtut und man sich schon sehr darin verbissen hat,“ betont er.

DER FINALE TOUCH

Im letzten Schritt geht es vor allem um den Feinschliff. Dabei sollten folgende Fragen im Vordergrund stehen: Wie reagieren andere auf das Getränk, Wird die Message verstanden? Welche kleinen Änderungen können noch vorgenommen werden?

Um ein Meinungsbild zu seinen Kreationen zu bekommen, holt sich Legelli meist Feedback von möglichst vielen Menschen, mit verschiedenen Geschmacksprofilen und unterschiedlichen professionellen Beziehungen zum Thema Drinks ein. Diese können Kollegen aus der Branche, aber auch Gäste und Freunde sein. Damit möchte er sicherstellen, dass die Botschaft des Drinks verstanden und das Ergebnis für ein breites Publikum zugänglich bleibt.

Schließlich werden noch Details wie Glaswahl und Garnitur festgelegt, um den Drink optimal zu präsentieren.

EIN DRINK FÜR DIE WEIHNACHTSZEIT

Für dieses Interview kreierte Legelli einen exklusiven Drink, der die Vorweihnachtszeit zelebriert und den treffenden Namen „boxed up at the Christmas market“ trägt.

Die Idee

Bei der Erstellung des Cocktails war für ihn schnell klar, dass es eine Gimlet Variation werden soll, eine Kombination aus Gin und “Lime Cordial”.

In Abgrenzung zum Sirup, der im Prinzip nur Süße und Aroma vereint, liegt im Cordial schon eine Balance vor, die dem Getränk automatisch Harmonie verleihen soll (Süße, Säure, aber z. B. auch Gewürze). In der Praxis passiert das häufig in Form von hinzugefügter Säure, beispielsweise wird vielen Holunderblüten-Sirups bereits Zitronensäure hinzugefügt – was sie in diesem Sinne eigentlich zu Cordials machen würde. Andersherum handelt es sich bei den allgemein verfügbaren “Lime Cordials” eher um gesüßten und geklärten Limettensaft, da die zu Grunde liegende Frucht die säure ja schon mitbringt.

Als weitere Hauptkomponente sollten zudem noch Mandarinen im Fokus stehen. Inspiriert wurde er dabei von seiner Liebe zu Mandarinen – in der Weihnachtszeit verzehrt er “bis zu 20 Stück am Tag” – und seiner Erinnerung an einen wilden Abend mit Gimlets in seiner alten WG in Wiesbaden. Um das ganze etwas Weihnachtlicher zu gestalten, sollten zusätzlich noch die klischeehaften Weihnachtsgewürze wie Zimt, Sternanis, Kardamom, Vanille, Tonkabohne, Piment, Nelken und Lorbeerblätter ihre Verwendung finden.

Basierend auf diesen Komponenten, kreierte er eine festliche Variation des Klassikers.

Entwicklungsprozess und Finish

Die Entwicklung des Cocktails hat sich, laut Legelli, nach der Festlegung der Zutaten als relativ einfach herausgestellt. Die Idee war, aus den Mandarinen ein fertiges Cordial herzustellen, das sich einfach zu einem 2-Komponenten-Drink verarbeiten lässt. Dafür wurden die Mandarinen geschält und die Schalen zusammen mit den gerösteten Gewürzen in Zucker eingelegt, um die ätherischen Öle zu extrahieren und einen Sirup herzustellen. Zeitgleich wurden die Mandarinen gepresst und mit Pektinase angestellt, um eine enzymatische Separation der Trübstoffe in Gang zu setzen. Anschließend wurde der Sirup in dem Saft ausgelöst und gefiltert.

Durch behutsames Abschmecken und das langsame Hinzufügen von kristalliner Zitronensäure näherte sich Legelli der richtigen Säurebalance an. Das Ziel bestand darin, die Süße-Säure-Balance der Frucht möglichst originalgetreu nachzubilden, welche das Geschmackserlebnis authentischer und zugänglicher macht. Letztendlich stellte sich die Abstimmung des starken, aber gefährlich leicht genießbaren Mandarinen-Gimlets von 4 cl Gin zu 3,5 cl als ideal heraus.

Als Garnitur entschied er sich für einen grünen Kardamom-Cracker in Blattform – ein visuelles Highlight, das die Aromen des Drinks ergänzt.

EIN BLICK IN DIE ZUKUNFT

Mit seinem bevorstehenden Masterstudium in Food and Beverage Innovation plant Legelli, noch tiefer in die Produktentwicklung einzutauchen. Seine Vision ist es, technische Expertise und kreative Konzepte weiter zu verbinden – sei es in der Gastronomie, in der Industrie oder bei der Entwicklung neuer Trends und Produkte.

Jonas Legelli zeigt, wie vielseitig Getränke sein können: Seine Drinks erzählen Geschichten, verbinden Tradition und Innovation und laden dazu ein, die Kunst des Trinkens auf einem völlig neuen Niveau zu erleben.

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Charlene von Gastivo

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