Wie sich Gesundheit in Shotgläsern verkauft

„Immune-Booster“, „Energy-Kick“, „Detox-Dose“ oder „Recover-Shot“. Was sich nach prickelnden Getränken aus der Dose mit ganz viel Taurin und Aspartam anhört, ist tatsächlich der neueste Trend in der Healthfood-Industrie. Was es damit auf sich hat, klären wir jetzt.

Photo by Allie Smith on Unsplash

Die eine oder andere durchzechte Nacht, Pizza zum Frühstück und chronischer Schlafmangel: Was sich für die Einen nach absoluter Katastrophe anhört, nennen die Anderen „Wochenende“. Egal zu welcher Sorte du gehörst, Folgendes lässt dich bestimmt die (verstaubten) Shotgläser aus den Schränken holen. Die Rede ist von Saft-Shots.

Wer in seinem Shotglas lieber den Bumms mit Hut, den grünen Brennspiritus oder den guten alten „водка“ trinkt, der sollte jetzt lieber aufhören zu lesen. Oder auch nicht – denn gerade für die Schnapsdrosseln unter uns verbindet dieser Gesundheitstrend Vitaminkonsum mit bekannter (Trink-)Manier.

Nach einer durchzechten Nacht hoffen viele, mit einem hochgelobten Miniatursaft den Reset-Knopf für die Exzesse der vergangenen Nacht zu finden. Meistens finden dabei Ingwer, Kurkuma, Weizengras und sogar Apfelessig ihren Weg in die Gläser. Zugegeben, das klingt nicht besonders schmackhaft. Aber wer sich regelmäßig den Fusel mit ordentlich Umdrehungen hinter die Binde kippen kann, der verkraftet auch mal ein bisschen Apfelessig. Für die geübten Trinker erträgt es sich leichter, wenn der mehr oder (oft eher) weniger schmeckende Saftkick aus einem Shotglas getrunken werden kann.

Bevor hier ein falscher Eindruck entsteht: Saftshots haben durchaus ihre Berechtigung. Das Konzept dahinter: wichtige Vitamine, Nährstoffe und Mineralien gebündelt in einem einzigen kleinen Shotglas. Kurz und schmerzlos – so konsumiert der Deutsche doch gern seine Vitamine.

Auf Platz 1 der meistgehypten Saft-Shots, hat es mit Abstand der Ingwer-Shot geschafft. Wem das jetzt nichts sagt, kennt ihn vielleicht unter einem der oben genannten, äußerst kreativen, Betitelungen.

Ingwer-Shot

Für das Basisrezept verwendet man meist bloß drei Zutaten: Zitronen, Ingwer und etwas Agavendicksaft, damit es sich leichter ertragen lässt.

Je nach Tagesform, kann der Ingwer-Shot zusätzlich mit Zutaten wie Äpfeln, Orangen oder Gewürzen aller Art gepimpt werden.

Ich gebe zu, so ein Ingwer-Shot sieht schon schick aus – und dabei kann er noch was: Ingwer enthält eine Vielzahl an wichtigen Nährstoffen. Darunter Magnesium, Kalzium, Eisen, Phosphor, Kalium und Natrium. Ingwer ist zudem eine echte Vitamin C-Bombe, weshalb Ingwer-Shots vor allem bei Erkältungen ihren Einsatz finden. Außerdem wird ihm eine entzündungshemmende Wirkung nachgesagt, weshalb er nicht nur bei Erkältung, sondern auch bei Kopfschmerzen und Muskelkater Abhilfe schaffen kann.

Doch das ist noch nicht alles: Wer es schafft, morgens einen Shot aus Ingwer und Zitrone zu kippen – Respekt – der ist mit Sicherheit wach. Zusätzlich lässt der Ingwer, in Verbindung mit der Zitrone, den Stoffwechsel auf Hochtouren kommen.

Kann ich nicht einfach Tee trinken?

Diejenigen, die sich beim besten Willen nicht dazu überwinden können, den sauer-scharfen Saft in konzentrierter Form zu trinken, werden sich fragen, wieso der Spaß nicht einfach mit Wasser verdünnt und als heißer Tee getrunken werden kann.

Die Antwort: Die Nährstoffe aus Ingwer und Zitrone sind äußerst hitzeempfindlich. Überschüttet man sie mit kochendem Wasser, verlieren sie einen Großteil ihrer Vitamine. Deshalb: entweder als Shot (so schwer es für manache auch sein mag) oder gepresst mit kaltem Wasser verdünnt.

Pimp my Ingwer: Kurkuma-Shot

Gleiche Farbe, ähnliches Prinzip: Der Kurkuma-Shot ist eigentlich nur eine Erweiterung des Ingwer Shots. Durch Zusetzen von Kurkuma sollen, neben den positiven Effekten des Ingwers und der Zitronen, auch gleich die Benefits der gelben Wurzel mitgenommen werden.

Kurkuma wirkt entzündungshemmend, hat antioxidative Eigenschaften, hilft gegen Funktionsstörungen im Gehirn, beugt Depressionen vor und senkt das Risiko für Herzerkrankungen – perfekt also für einen Montagmorgen.

Weizengras-Shot

Eine ähnlich positive Wirkung hat der Weizengras-Shot. Zugegeben, das hört sich auch nicht wirklich schmackhafter an als seine gelben Vorgänger, ist allerdings mit etwas weniger Aufwand verbunden. Vorausgesetzt man verfügt über einen Entsafter.

Was man dafür braucht? Weizengras – sonst nichts. Wem das jetzt aber wirklich zu viel des Guten ist, kann den grünen Schuss natürlich noch mit anderen Zutaten pimpen. Avocado beispielsweise verleiht Cremigkeit, Honig oder Agavendicksaft liefern die nötige Süße und ein Apfel macht das ganze schmackhafter.

Wem es nur um die Nährstoffe geht und auf den ganzen Schickschnack verzichten kann, für den reicht purer Weizengrassaft völlig aus. Der hat es nämlich faustdick hinter den Ohren!

Weizengras besteht – wie man an der Farbe schon unschwer erkennen kann – zu einem großen Teil an Chlorophyll. Mit 10 µg/g ist Weizengras eine der chlorophyllreichsten Pflanzen überhaupt. Chlorophyll ist chemischen sehr ähnlich aufgebaut, wie der menschliche roten Blutfarbstoff Hämoglobin. Wird Chlorophyll durch die Nahrung aufgenommen, fördert dieses die Bildung neuer Blutzellen. Außerdem wird der Sauerstofftransport zu den Zellen unterstützt, der Körper entgiftet und der Säure-Basen-Haushalt ins Gleichgewicht gebracht.

Wer jetzt denkt, das war’s schon mit dieser Pflanze, der hat sich geirrt. Wenn es um Zahlen geht, dann lässt es seine Konkurrenz Staub fressen,denn Weizengras enthält 60-mal mehr Vitamin C als Orangen, 50-mal mehr Vitamin E als Spinat, 30-mal mehr Vitamin B1 als Kuhmilch, 11-mal mehr Calcium als Rohmilch, 5-mal mehr Eisen als Spinat und 5-mal mehr Magnesium als Bananen. Neben diesen rekordverdächtigen Werten ist Weizengras zudem antioxidativ, hilft beim Fettabbau, lindert Darmerkrankungen und soll zudem auch noch bei Brustkrebst helfen. Die „Mutter Teresa“ quasi unter den Superfoods. Da lohnt es sich, ab und zu mal sein inneres Kleinkind zu überwinden.

Apfelessig-Shot

Die Meisten machen Ihren Apfelessig wahrscheinlich lieber in den Salat, als ihn aus einem Shotglas zu trinken. Aber die kurze Überwindung bringt ebenfalls einige positive Effekte mit sich: Apfelessig stabilisiert den Blutzuckerspiegel und hilft somit bei Diabetes. Außerdem hat es eine antibakterielle Wirkung, senkt den Cholesterinspiegel, unterstützt den Fettabbau und kann sogar als Mittel gegen Schuppen eingesetzt werden. Ein echter Allrounder also!

Loslegen mit Shots

Die Saft-Shots in allen möglichen Variationen gibt es mittlerweile sowohl in Supermärkten als auch schon in manchen Szene-Restaurants der Großstädte zu kaufen. Möchte man einen Saft-Shot im Supermarkt kaufen, werden hierfür jedoch oftmals Preise angerechnet, bei denen man das Gefühl hat, dass sie lange Zeit in der Inflationskammer eingesperrt waren. Und doch sind einige Menschen bereit dazu, für den täglichen Vitamin-Kick ordentlich in die Tasche zu greifen. Für Gastronomen und Gastronominnen kann es also durchaus empfehlenswert sein, die komprimierten Vitaminbomben mit in die Speise- beziehungsweise Getränkekarte aufzunehmen.

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