In aller Munde – kulinarische Stadtführungen
Wie Pilze sprießen die Touren allerorts aus dem Boden. Eine gute Möglichkeit für Gastronomen, ihren Betrieb zu promoten und sich ein Stück vom wachsenden Städtetourismus-Kuchen abzuschneiden.
Dabei sind es nicht nur Touristen, die sich auf kulinarische Art eine Stadt (oder einen Stadtteil) erschließen. Auch neugierige Gourmets und Foodies finden offenbar Gefallen daran, ihre Heimat „häppchenweise“ zu erkunden.
Häppchenweise kulinarische Highlights
In der Regel dauern solch delikate Führungen zwei bis drei Stunden mit durchschnittlich fünf bis acht Probier-Stopps. Demzufolge ist an den einzelnen Stationen meist nur ein viertel bis maximal halbes Stündchen Zeit für den Genuss des jeweiligen kulinarischen Highlights. Die Kostprobe wird meist im Stehen verzehrt, Getränke sind für gewöhnlich nicht inklusive (es sei denn, sie stellen die Kostprobe dar). Währenddessen serviert der Guide dann die jeweilige Geschichte zur Gaumenfreude. Sämtliche Veranstalter betonen, dass die Häppchen in Summe derart sättigen, dass eine anschließende Mahlzeit nicht mehr nötig ist. Oftmals können sogar individuelle Nahrungseinschränkungen berücksichtigt werden beziehungsweise wird im Vorfeld darauf hingewiesen, dass die Tour beispielsweise für Veganer nicht empfehlenswert ist. Viele Anbieter offerieren auch Touren für geschlossene Gruppen oder Firmen.
Vom Probieren profitieren
Neben speziellen Foodie-Tour-Anbietern sind auch viele Städtetrip-Veranstalter auf den Erfolgszug aufgesprungen. Viele Anbieter haben gleich eine ganze Reihe von Städten im Angebot oder promoten externe Touren auf ihren Plattformen. In kleineren Orten oder ländlicheren Regionen konzentrieren sich reine Foodie-Tour-Anbieter gerne auf einzelne Touren oder Regionen. Eine Google-Recherche oder Anfrage bei der lokalen Tourismuszentrale offeriert kooperationswilligen Gastronomen eine Liste potentieller Ansprechpartner. So wirkt sich eine Teilnahme an derartigen Führungen durch gute PR, positiven Rezensionen oder persönlichen Weiterempfehlungen nicht nur gewinnbringend auf das Marketing aus, sondern unter Umständen sogar auf den Umsatz. Somit können die Stippvisiten beispielsweise dazu genutzt werden, in „off peak times“ dem Laden Leben einzuhauchen.
Globale Genießer
Einer der ältesten reinen Foodtrip-Veranstalter ist die Berliner Firma „Eat the World“. 2008 nach amerikanischem Vorbild von einer Lehrerin gegründet, die dafür ihre Beamtenlaufbahn an den Nagel hängte, hat der Veranstalter heute 50 Städte im Programm. Während bei der Berliner Neukölln-Tour exotische Köstlichkeiten des „160-Nationen-Multikulti-Stadtteils” verköstigt werden, steht bei der Tour durch das Hamburger Schicki-Viertel Eppendorf unter anderem eine Schokoladenmanufaktur sowie ein britisches Spezialitätengeschäft auf dem Programm.
Hamburger Perlen
Ein junges, schnell wachsendes Unternehmen in der Hamburger Stadtführungsbranche ist das Startup „Abenteuer Hamburg“. Neben klassischen Stadtführungen und Touren für Krimifans und Partyvolk bietet der Hamburg-Spezialist derzeit vier kulinarische Führungen durch die Kultviertel St. Pauli, Sternschanze, St. Georg und die Hafencity an. Krönender Abschluss des 3-stündigen Hafencity-Rundgangs, beispielsweise mit fünf verschiedenen Verkostungen in ausgewählten Restaurants, ist ein kulinarisches Highlight in Hamburgs neuem Wahrzeichen: der Elbphilharmonie. Unter dem Label „Adventure World Tours“ weitet das Hamburger Startup sein Programm auf Berlin, Düsseldorf und Köln aus.
Keine Städte-Plattform ohne Kulinarik
In diesen und vielen weiteren deutschen Metropolen sind große Player wie mydays, Miomente oder GetYourGuide schon seit längerem mit einem bunten Portfolio-Potpourri vertreten – als Sammelplattform externer Angebote. So verspricht der (laut eigenen Angaben) „Marktführer für kulinarische Events“, Miomente, sämtliche Partner persönlich kennengelernt und die Locations vor Ort besichtigt zu haben. Neben kulinarischen Führungen finden sich bei Miomente eine Vielzahl weiterer Food-Events wie Koch-, Back- und Grillkurse, Wein- und Bierproben, Whisky- und Gin-Tastings, Erlebnis-Dinner und Barista- oder Cocktail-Kurse in knapp 30 deutschen Städten. Auch mydays, „Deutschlands erster Anbieter für Erlebnis-Geschenke“, verfügt, zusätzlich zu Kurzurlauben, Sport-, Kultur und Wellness-Angeboten, über eine prall gefüllte Kulinarik- Rubrik. Hier tummeln sich Kochkurse, Verkostungen, Kräuterwanderungen und Showdinner, während sich die kulinarischen Stadtführungen durch deutsche und europäische Metropolen in der Sightseeing-Rubrik verstecken. Und last but not least findet sich auch auf der GetYourGuide-Plattform, welche „die besten Reiseaktivitäten der ganzen Welt versammelt“, eine Rubrik namens „Kulinarisches & Gourmet-Touren“. Selbst der mit Extremsport-Erlebnissen reich gewordene Unternehmer Jochen Schweitzer hat kulinarische Führungen in seine Angebotspalette aufgenommen.
Klein aber fein
Individueller geht es bei kleinen Spezialanbietern zu. So bietet beispielsweise Grafs Gastliche Events vier kulinarische Stadtführungen in der Metropolregion Rhein-Neckar an. Auch die Stadt Wiesbaden lässt sich häppchenweise erkunden, während ortskundige Guides mit Anekdoten gespickte Kostproben regionaler Küche Abseits der Touristenpfade ansteuern. Hinter das-isst-wiesbaden.de steckt die „Genussexpertin“ Britta Johannsen, die sich mit kulinarischen Stadtführungen 2016 selbstständig gemacht hat. Auch die Touristik Westerstede bietet zweimal im Monat eine kulinarische Stadtführung zu bestimmten Themen, wie beispielsweise Fairtrade, Spargel oder „Westerstede Tröpfchenweise“.
Wochenmarkttour inklusive Kochkurs
Ein etwas abgewandeltes Konzept stellen die Smutjes Landgang Wochenmarkttouren dar, welche Stadtführung mit Markteinkauf und Kochkurs kombinieren. Anstatt schlemmend ein Stadtviertel zu erkunden, gehen die Teilnehmer mit Spitzenkoch Thomas Sampl auf einem Hamburger Wochenmarkt für ein traditionelles Hamburger Gericht einkaufen, welches sie im Anschluss gemeinsam kochen. Der Weg vom Wochenmarkt zur Kochschule ist Dank City Slickers Stadttouren dann gespickt mit Wissenswertem und Spannendem über das Stadtviertel. Sampl ist seit Jahren ein fester Bestandteil der Hamburger Feinschmecker- und Gourmetszene und Mitbegründer des Markthallen-Konzepts Hobenköök.
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