Gastronomie als Freude- und Freundestifter
Viele Gastronomen waren während des ersten Lockdowns fast schon überrascht über die Loyalität ihrer Kunden, die sich nicht nur durch Anteilnahme, sondern auch durch aktive Hilfe wie Gutscheinkäufe oder Essensbestellungen ausdrückte.
Die Pandemie hat den Stellenwert und die Gastronomie als Ort gemeinsamen Erlebens, der Begegnung und des Wohlfühlens stärker in das Bewusstsein der Gesellschaft gerückt und die gegenseitige Bindung von Gast und Gastgeber deutlicher gemacht.
Die Wahrnehmung immaterieller Werte wurde durch Corona verstärkt
Auf die Frage, ob sie aus der Corona-Situation etwas Positives für sich ziehen können, führen viele Menschen inzwischen mehr Wertschätzung für immaterielle Dinge an: Sich uneingeschränkt frei bewegen und reisen zu können, mehr Zeit mit Familie und Freunden zu verbringen, gesund zu sein, Zeit für sich selbst zu haben und arbeiten zu dürfen. Arbeiten wird dabei nicht nur aus finanziellen Gründen genannt, sondern Kontakt mit anderen zu haben, ist dabei von gleicher, wenn nicht sogar größerer Bedeutung.
Der Zwang zu Hause zu bleiben und möglichst auf Kontakte zu verzichten, führt zu einer Stärkung des Zuhause-Kochens. Das für sich genommen scheint zunächst einmal ein Nachteil für die Gastronomie zu sein. Allerdings hat das Selbst-Kochen-Müssen einen Lerneffekt: So manchem, der im Berufsalltag regelmäßig im Betriebsrestaurant gegessen hat oder schnell auf ein Take-Away-Angebot vom nahegelegenen Imbiss zurückgriff, kommt wieder zu Bewusstsein, welche Sorgfalt und Mühe selbst in der Zubereitung von einfachen Tagesgerichten steckt. Aus dieser Erfahrung entsteht auf die Dauer wieder eine höhere Wertschätzung für gute Restaurantleistungen und Hochwertigkeit der Zutaten, die im Alltag vor Corona nicht mehr so viel Beachtung erfahren hat.
Verbundenheit stiften trotz Weihnachtszauber „light“
Das Weihnachtsfest im Jahr 2020 wird aus gastronomischer Sicht eine erhebliche Lücke hinterlassen: Fast alle Weihnachtsmärkte wurden abgesagt, Restaurants bleiben geschlossen und all die schönen Veranstaltungen, wie Theater-, Kino-, Musical-Besuche, das Feiern mit Arbeitskollegen und das Treffen mit Familie und Freunden finden nicht statt.
Gerade in dieser dunklen Jahreszeit vermissen wir das Gefühl von Verbundenheit und Nähe zu Arbeitskollegen, Freunden und Nachbarn, auch wenn der Lichterglanz in den Städten vorhanden ist. Das Fehlen von Bewirtungsmöglichkeiten im Restaurant, gerade in der Adventszeit und an den Weihnachtstagen, wirkt sich auf das Liefergeschäft aus, einen der letzten verbliebenen Rettungsanker für Gastronomen während Corona: Aus Umfragen geht hervor, dass über ein Drittel wegen Covid-19 jetzt öfter Bestellungen zum Liefern oder Abholen vornimmt, etwa jeder Siebte sogar ausdrücklich, um die lokale Gastronomie zu unterstützen. Haben wir als Gast zuvor die Möglichkeit, essen gehen zu können, wann immer uns danach war, als Selbstverständlichkeit angesehen, so erkennt man nun, da es plötzlich fehlt, welchen Anteil und welchen Wert Gastronomie-Erlebnisse im eigenen Leben haben.
Für Gastronomiebetriebe liegt in dieser Situation die Chance, die Bindung zu ihren Gästen für die Zeit nach Ende der Beschränkungen durch kreative Angebote zu vertiefen: So gibt es inzwischen viele Restaurants, die ihren Gästen Speise-Boxen mit vorbereiteten Festtagsköstlichkeiten zur Abholung für den Genuss zu Hause anbieten. Mit Slogans, die ein kleines Augenzwinkern enthalten, wie „Mit Abstand die beste Gans“ oder „Gans ganz heimisch genießen“, wurden Gourmet-Gänsemenüs angeboten, die mit Anleitung für perfektes Gelingen vorbereitet waren. Das kommt all den Gästen sehr entgegen, die eigentlich davon geträumt hatten, sich in der Vorweihnachtszeit und an den Festtagen verwöhnen zu lassen, ohne selbst kochen zu müssen.
Was in der Adventszeit und zu den Weihnachtstagen mit kreativen Gastronomie-Angeboten für den Genuss daheim begonnen hat, lässt sich auch nach dem Jahreswechsel als Bestandteil des Normalbetriebes weiterentwickeln: Attraktive, aber unkomplizierte Speisen und Getränke sind angesagt, Orientierung an hochwertigem Streetfood. Speisen, die nicht nur im Restaurant sondern auch als Take-away funktionieren.
Unterstützung für Bars und Clubs
Die Entscheidungen der Politik zur Bekämpfung der Pandemie haben Bars und Clubs in diesem Jahr am härtesten getroffen: Sie mussten die längste Zeit schließen und hatten kaum Möglichkeiten zur Entwicklung von Alternativ-Angeboten. Trotz der Schwierigkeit, den Einschränkungen mit angepassten Konzepten zu begegnen, haben zahlreiche Bar-Betriebe Angebote zum Abholen oder Liefern für den Getränkegenuss daheim entwickelt: Smarte Highballs statt hochkomplexer Cocktails oder auch Online-Verkauf von Spirituosen mit beigefügten Longdrink- und Cocktail-Rezepten.
Natürlich ist das ein Ansatz, der nicht wirklich hilft, ausreichenden Umsatz zu erzielen, sondern es ist ein möglicher Weg, um mit den Gästen in Verbindung zu bleiben. Und es ist mit Mühe verbunden: So gilt es zum Beispiel im Falle des Verkaufs von Bottled Cocktails unter Umständen erweiterte lebensmittelrechtliche Vorschriften zu beachten. Dennoch trifft dieses Angebot die Sehnsucht der Menschen nach einem kleinen Stückchen Wohlgefühl aller bestehenden Beschränkungen zum Trotz. Dieses Erlebnis wird in Erinnerung bleiben und die Gästebindung in Zukunft positiv beeinflussen.
Kommunikation mit dem Gast
Während der Pandemie wurde deutlich, dass eine gute Kommunikation mit den Gästen entscheidend ist. Eine wichtige Option war und ist dabei die Kommunikation über die sozialen Medien. Viele Gastronomie-Betriebe haben die Kommunikation mit ihren Gästen während der Corona-Krise stark verbessert. Es kam zu einem bisher nicht dagewesenen Austausch über die sozialen Kanäle: Rezepte zum Selbst-Kochen wurden veröffentlicht, Koch-Pakete angeboten und nicht zuletzt geänderte Öffnungszeiten und angepasste Leistungen kommuniziert. Mittlerweile hat eine Großzahl der Restaurants und Cafés ein Profil in den gängigen sozialen Medien, über das sie ihre Kunden informieren können.
Kundennähe ist wichtig in diesen Tagen, denn Gastronomie hat große Bedeutung für die Attraktivität einer Region. Gerade für jüngere Menschen ist das Gastgewerbe-Angebot sogar wichtig für die Wohnortentscheidung. So ist das Restaurantangebot für mehr als ein Drittel der Menschen wichtig oder sehr wichtig. In der Gruppe der Jüngeren liegt diese Quote bei knapp 55 Prozent. Das macht Hoffnung für alle Betriebe, denen es mit kreativen Angeboten und der richtigen Kommunikation gelingt, diese schwierige Zeit zu überstehen.
Auch die Betriebsgastronomie erfährt neue Wahrnehmung
Nach wochenlanger Isolation im Homeoffice erkennen viele die wichtige Funktion einer Betriebsgastronomie, um gemeinsam mit Kollegen eine kurze Auszeit im Ablauf des Arbeitstages zu genießen. Darin kommt ein positiver Aspekt der Krise zum Ausdruck: Die gestiegene Wertschätzung für das Miteinander und die Bedeutung kommunikativer Schaffenspausen.
Dennoch wird das Arbeiten im Homeoffice weiter zunehmen. Für die Gemeinschaftsgastronomie ist es daher wichtig, Veränderungen vorzunehmen, um diesem Trend wirksam zu begegnen. Es bedeutet, mobile Catering-Angebote für das Home-Office zu entwickeln, aber auch zusätzlich zu Frühstück und Mittagessen Ergänzungsangebote für die Arbeitenden im Betrieb zu schaffen, für kreative Pausen, Arbeitsgespräche in lockerer Atmosphäre und Arbeitstreffen in angenehmer Umgebung. Dies wird der Betriebsgastronomie künftig für den Arbeitsalltag einen anderen, neuen Stellenwert geben.
Resümee
Grundsätzlich hat die Krise dazu geführt, dass die Dienstleistung der Gastronomie nicht mehr als Selbstverständlichkeit wahrgenommen wird. Die Leistung von Mitarbeitern aus Gastronomie und Hotellerie erfährt eine neue Wertschätzung.
Dennoch hat die Pandemie das Verhalten der Menschen nachhaltig verändert. Daher gilt es, gastronomische Angebote zu entwickeln, um dem Wunsch der Menschen nach individueller, persönlicher und herzlicher Ansprache entgegen zu kommen und zugleich den Veränderungen im Alltag Rechnung zu tragen.
2021 sollte im Zeichen der Solidarität mit allen Gewerbetreibenden stehen, insbesondere aber mit Gastronomen und Hoteliers, die so lange auf Gäste und Kunden verzichten mussten. Dabei ist bei Gastgebern wie Gästen ein vorrangiger Wunsch, dass das neue Jahr uns zurückbringt ins “normale Leben”. Denn eins ist klar: Die Gastronomie als Freude- und Freundestifter ist unverzichtbar.
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