Gastronomie wird barrierefrei
Themen wie Inklusion und Barrierefreiheit spielen auch in der Gastronomie eine immer bedeutender werdende Rolle. Flure, Sanitäranlagen und das gastronomische Angebot allen zugänglich zu machen, ist aber nicht nur eine moralische Entscheidung, sondern auch eine betriebswirtschaftliche, denn: 7,8 Millionen Menschen in Deutschland sind schwerbehindert.
Das entspricht einer Schwerbehindertenquote von 9,4 Prozent, die bei den über 64-Jährigen auf 24,7 Prozent steigt. Gleichzeitig ist den meisten wahrscheinlich nicht klar, wie Barrierefreiheit in der Gastronomie genau aussieht und welche Anforderungen Menschen mit Behinderungen haben.
Laut dem Statistischen Bundesamt ist jede zehnte in Deutschland lebende Person schwerbehindert. Als schwerbehindert gelten Menschen, denen ein Behinderungsgrad von mindestens 50 zuerkannt wird und die damit einen gültigen Ausweis ausgehändigt bekommen. Jeder Mensch mit Behinderung hat dabei ganz verschiedene Bedürfnisse an seine gebaute Umwelt. Das Bundeskompetenzzentrum Barrierefreiheit hat aus diesem Grund ein umfangreiches Handbuch herausgegeben, in dem sie Ziele für die standardisierte Erfassung, Bewertung und Darstellung barrierefreier Angebote in Hotellerie und Gastronomie definieren.
Individuelle Bedürfnisse
Gemeinsam mit mehreren Partnern, wie beispielsweise dem Sozialverband VdK, der DEHOGA und dem Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband e. V., ist eine Systematik mit verschiedenen Kategorien entstanden. Diese Kategorien fassen jeweils die Bedürfnisse einer Personengruppe an ihre Umwelt zusammen, anhand derer die jeweilige Person sich für oder gegen einen Aufenthalt in der Gaststätte entscheidet.
Zur Kategorie A zählen demnach Personen mit einer Gehbehinderung, die auf eine Gehhilfe, einen Rollator oder zeitweise einen Rollstuhl angewiesen sind. Diese Personen können wenige Schritte oder eine einzelne Stufe ohne Gehhilfe gehen. Daran schließt die Kategorie B an, zu der Gäste zählen, die gehunfähig sind und ständig einen Rollstuhl benutzen. Die Anforderungen dieser Personengruppe entstehen vor allem aus den technischen Möglichkeiten und Abmessungen ihres Rollstuhls.
Die Kategorie C umfasst sehbehinderte und blinde Gäste, die auf eine Orientierung durch Tasten, eine visuell stark kontrastreiche Umgebung oder andere Hilfsmittel wie einen Blindenstock angewiesen sind. Personen mit einem stark oder komplett eingeschränkten Hörvermögen zählen zur Kategorie D. Sie benötigen eine Unterstützung der sprachlichen Kommunikation durch beispielsweise eine induktive Höranlage oder eine Kommunikation ohne Lautsprache.
Alle Anforderungen der vier zuvor genannten Kategorien werden in der Kategorie E zusammengefasst, die ein hohes Maß an Barrierefreiheit beschreibt. Zudem gibt es Informationskategorien, die für alle Gaststätten gelten, die einen Großteil der Anforderungen erfüllen – aber nicht alle.
Kleine Veränderungen machen den Unterschied
Das Handbuch des Bundeskompetenzzentrums Barrierefreiheit fasst einige konkrete Anforderungen von Menschen mit Behinderung zusammen. So stellen sie zwei Basisanforderungen fest, die für Gäste mit einer Gehbehinderung innerhalb der Kategorie A erreicht sein sollten. Zum einen sollen alle Zugänge im und zum Gebäude, die von Gästen genutzt werden, maximal über eine Stufe erreichbar sein. Türen und weitere Durchgänge innerhalb der Gaststätte müssen außerdem eine Durchgangsbreite von mindestens 70 Zentimetern haben.
Generell gilt für einen barrierefreien Zugang mit dem Rollstuhl, dass Schwellen oder Stufen bis zu einer Höhe von zwei Zentimetern überwunden werden können. Die Mindestdurchgangsbreite für Rollstühle von Türen und engen Stellen beträgt 90 Zentimeter.
Für Menschen mit sensorischen Behinderungen wie einem eingeschränkten Seh- oder Hörvermögen ist eine intuitive und logische Orientierung in der Örtlichkeit hilfreich. Dies kann ausgezeichnet durch eine kontrastreiche Beschilderung in großer Schriftgröße unterstützt werden. Kontraste helfen aber nicht nur in der Beschilderung. Farblich abgesetzte Türrahmen und unterschiedliche Bodenbeläge, welche die einzelnen Nutzungsbereiche kennzeichnen, unterstützen ebenfalls bei der Wahrnehmung der Umgebung.
Check deine Gastronomie!
Die jeweiligen Bereiche einer Gastronomie haben verschiedene Anforderungen an die Barrierefreiheit für die unterschiedlichen Personengruppen. Dazu gehören der Zugang, die Flure, die Treppen, der Aufzug, die Tische, die Speise- und Getränkekarte, die Gästetoiletten und die Gästeparkplätze. Um den speziellen Anforderungen an die Barrierefreiheit gerecht werden zu können, wurden in dem Handbuch mehrere Checklisten entworfen, mit denen sich die eigene Gaststätte ganz einfach automatisiert überprüfen lässt. Als erster Schritt in Richtung Barrierefreiheit ist nicht etwa wichtig, direkt Türen zu verbreitern und einen Aufzug einzubauen, sondern relevante Informationen wie die Türbreite und Ebenerdigkeit bereitzustellen. Denn nur so kann jede Person mit Behinderung im Voraus einschätzen, ob ein Besuch der Gastronomie für sie möglich ist.
Auf dem Weg zu mehr Barrierefreiheit
Natürlich ist es wichtig, Räume und Zugänge in Zukunft barrierefrei zu gestalten und die jeweiligen Anforderungen der Personengruppen zu berücksichtigen. Anfangs ist es aber auch wichtig, ausreichend über die Barrierefreiheit der eigenen Gastronomie zu informieren. Die Bereitstellung dieser Informationen, zum Beispiel auf der eigenen Website, ist ein leichter und wichtiger Schritt in Richtung Barrierefreiheit.
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